Bücher
Ein neuer Blick auf die Aufklärung in der islamischen Welt
"The Islamic Enlightenment"
Der Essayist und Korrespondent Christophe de Bellaigue stellt in seinem neuen Sachbuch "The Islamic Enlightenement" das 19. Jh. in der islamischen Welt in ein neues Licht. Seine Grundthese lautet, dass der islamische Nahe Osten eine echte Aufklärung durchgemacht habe.
In einem Beitrag der Webseite "Qantara" würdigt der renommierte Nahostexperte Arnold Hottinger de Bellaigues neuen Ansatz. Dieser habe das Geschehen im 19. Jh. erstmals aus Sicht der Protagonisten geschildert, die ihre bisher traditionellen Gesellschaften auklärten, statt die Ereignisse aus dem Blickwinkel der Europäer nach dem Motto "Die islamischen Gesellschaften geben sich Mühe, sind aber noch nicht so weit wie wir" zu beurteilen. Ein wichtiges und gerade in der heutigen Zeit dringend nötiges Buch!
Aufklärung in der islamischen Welt - es gab sie doch (Qantara.de)
Afghanistan und Pakistans grosse Vergangenheit
"Hellas am Hindukusch"
Die Region des Hindukusch wird heute vorwiegend mit Naturkatastrophen, Krieg und Terror in Zusammenhang gebracht. Dabei geht vergessen, dass gerade Afghanistan und Pakistan auf eine grosse Vergangenheit zurückblicken können.
Alexander der Grosse (356 - 323 v.Chr.) überquerte auf seinem Feldzug nach Osten den Hindukusch. Er gründete an strategisch wichtigen Stellen Militär- und Grenzstädte, in denen griechische und makedonische Veteranen angesiedelt wurden. So gehen z.B. die heutigen Städte Balch, Kandahar und Herat auf Alexander den Grossen zurück. Damit entstanden im Hindukusch hellenistisch geprägte Zentren mit einer einzigartigen Kultur, in welcher griechisch-baktrische und indisch-buddhistische Elemente miteinander verschmolzen. Während vieler Jahrhunderte war der Hindukusch ein Schmelztiegel von Völkern, Ideen und Kunstformen.
Werner Widmer erinnert in seinem Buch "Hellas am Hindukusch" an die einstigen Kulturen, die heute weitgehend in Vergessenheit geraten sind, und bietet einen detaillierten Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung. Das gut recherchierte Werk ist eine unabdingbare Lektüre für all jene, die sich für den "Schauplatz kultureller und künstlerischer Entfaltung" im damals Fernen Osten und seine faszinierenden archäologischen Stätten interessieren!
Werner Widmer. Hellas am Hindukusch. Griechentum im Fernen Osten der antiken Welt. R.G. Fischer, 2015. 308 S., 86 Abb., CHJF 32.20.
Eine ausführliche Rezension findet sich in den Mitteilungen 2/2015 des Ägyptologie-Forums Zürich (S. 15 - 21):
Rezension "Hellas am Hindukusch"
Altägyptens Mythen und Legenden
"Götter am Nil"
Die Welt der alten Ägypter war mit Hunderten von Göttinnen und Göttern bevölkert. Zu jeder Gottheit existieren unzählige Mythen und Legenden. Garry J. Shaw fasst in seinem leicht lesbaren und verständlichen Buch "Götter am Nil" die bekanntesten Mythen zusammen und gibt damit einen guten Einblick in das Universum, wie es sich die Ägypter einst vorstellten.
Garry J. Shaw. Götter am Nil. Ägyptische Mythologie für Einsteiger. Von Zabern Verlag, 2015. 240 S., 24.95 Euro.
Kurzweilige Lektüre durch die Geschichte der Ägyptologie
"Die Entdeckung Ägyptens"
Napoleons Feldzug nach Ägypten 1798 löste in Europa eine bis heute andauernde Faszination für das Land am Nil und seine Schätze aus. Zahlreiche Abenteurer, Forscher und Reisende besuchten Ägypten im 19. Jh. und machten dabei wichtige Entdeckungen, die die Wissenschaft der Ägyptologie begründeten.
Thomas Beckh und Gregor Neunert erzählen die Geschichte der Ägyptologie anhand von Porträts ihrer wichtigsten Exponenten und führen die Leser zu den Schauplätzen der grossen Funde. Die kurzweilig geschriebene Publikation gibt ebenso einen Überblick über die Epochen der altägyptischen Kultur und zeigt, wie sich die Ägyptologie zu einer universitären Disziplin entwickelt hat.
Thomas Beckh/Gregor Neunert. Die Entdeckung Ägyptens. Die Geschichte der Ägyptologie in Porträts. Von Zabern Verlag, 2014. 144 S., 24.95 Euro.
Eindrückliche Gesamtschau von den Anfängen der Menschheit bis zur Erfindung der Schrift
"Die Kinder des Prometheus"
Lange Zeit wurden schriftlose Kulturen als "vorgeschichtlich", also vor der eigentlichen Geschichte existierend, wahrgenommen und ihnen damit jegliches Geschichtsbewusstsein abgesprochen. Im Vergleich zu den sog. Hochkulturen, die sich v.a. durch die Verwendung einer Schrift auszeichneten, galten schriftlose Gesellschaften bestenfalls als deren "primitive" Vorstufen.
Mit seinem eindrücklichen Werk "Die Kinder des Prometheus" hat der Archäologe und Präsident der Stiftung Preussischer Kulturbesitz Hermann Parzinger diese eindimensionale Sicht ein für alle Mal widerlegt. Parzinger bietet in seiner Publikation erstmals ein weltgeschichtliches Panorama der Frühzeit: von den Anfängen der Menschwerdung vor rund 5 Millionen Jahren bis hin zur Entstehung der frühen Schriftkulturen vor wenigen Jahrtausenden.
Das monumentale Werk verfolgt die Spuren des Menschen durch alle Weltteile, erläutert die Einflüsse von Klima und Umwelt auf unsere Vorfahren und beschreibt ihre bewundernswerten Anpassungsleistungen. Zur Sprache kommen auch die Anfänge von Eigentum und Herrschaft, von Totenkult und Jenseitsvorstellungen in den verschiedenen Kulturen der Welt. Die Publikation fasst den neusten Forschungsstand zur sog. Vorgeschichte in einer gut lesbaren und verständlichen Weise zusammen. Ein grandioses Werk, das allen an der Geschichte der Menschheit interessierten Personen wärmstens empfohlen werden kann!
Hermann Parzinger. Die Kinder des Prometheus. Eine Geschichte der Menschheit vor der Erfindung der Schrift. C.H. Beck Verlag, München, 2014/2. Aufl. 2015. 848 S., 110 Abb./19 Karten, 39.95 Euro, auch als E-Book erhältlich.
Gespräch mit Hermann Parzinger (Die Welt)
Britische Agentin im arabischen Raum und Mitbegründerin des Irak
"Königin der Wüste. Das aussergewöhnliche Leben der Getrude Bell"
Auch wenn das hier vorgestellte Buch schon vor einigen Jahren erschienen ist, sei es hier aus aktuellem Anlass trotzdem erwähnt. Der Irak steht heute wiederum im Fokus des Interesses. Die Lage hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert; nun droht das Land auseinanderzubrechen. Die von den Europäern etablierte Ordnung mit ihren künstlichen Grenzziehungen scheint am Ende.
Eine überaus wichtige Rolle an der Entstehung des Irak spielte die Engländerin Gertrude Bell (1868 - 1926). Der "weibliche Lawrence von Arabien" war eine der interessantesten und beeindruckendsten Frauen, die um die Wende vom 19. zum 20. Jh. gelebt haben. Bell galt als wissbegierig, unerschrocken und eigenwillig. Im Ersten Weltkrieg arbeitete sie als britische Agentin im arabischen Raum und war eine Vorkämpferin für die arabische Unabhängigkeit. Wochenlang ritt sie nur von ihrem Diener begleitet durch weite Wüstengebiete und geriet etliche Male in Gefangenschaft. Durch ihr resolutes Auftreten gelang es ihr jedoch immer wieder, die Anführer der arabischen Stämme zu beeindrucken und für ihre Zwecke zu gewinnen. So wurde ihr von den Scheichs sogar der Ehrentitel "Mann" verliehen, damals ein Zeichen höchster Wertschätzung einer Frau gegenüber!
Gertrude Bell war jedoch nicht nur eine unerschrockene Wüstengängerin, sondern auch eine wagemutige Bergsteigerin. Auf einem Zwischenstopp in der Schweiz bestieg sie als erste zusammen mit zwei Führern die Ostwand des Finsteraarhorns. Im Berner Oberland trägt eines der Engelhörner den Namen "Gertrudes Gipfel".
Die Biographie der Journalistin und Autorin Janet Wallach über das Leben von Gertrude Bell ist die bisher vollständigste und detaillierteste. Wallach hat dafür die Korrespondenz von Bell sowie ihre Tagebücher und Notizen ausgewertet und stellt diese vor dem Hintergrund der geschichtlichen Umwälzungen, die zu Beginn des 20. Jh. im Nahen Osten stattfanden, vor. Gertrude Bell starb am 11. Juli 1926, drei Tage vor ihrem 58. Geburtstag, in Bagdad vermutlich an einer Überdosis Schlaftabletten.
Janet Wallach. Königin der Wüste. Das aussergewöhnliche Leben der Gertrude Bell. Goldmann Verlag, 2003 (2. Auflage).
Das Leben von Gertrude Bell (Spiegel Magazin)
Eine Frau als Pharao
"Hatschepsut"
Hatschepsut gehört neben Kleopatra zu den bekanntesten Frauenpersönlichkeiten aus dem Alten Ägypten. So widmet sich denn auch ein neuer Band in der Reihe "Gestalten der Antike" der legendären Herrscherin am Nil. Peter Nadig, Althistoriker an der Freien Universität Berlin, fasst das Leben der Hatschepsut auf 200 Seiten solide zusammen und verzichtet darauf, auf die widersprüchlichen und fruchtlosen Diskussionen um die angebliche Identifizierung ihrer Mumie näher einzugehen.
Hatschepsut war die Tochter von Thutmosis I, der als erster Pharao den Euphrat überquerte. Sie heiratete ihren Halbbruder Thutmosis II., der jedoch nach kurzer Regierungszeit verstarb. Hatschepsut übernahm darauf die Regentschaft für ihren Neffen und eigentlichen Nachfolger Thutmosis III., der noch ein Kind war. Schon bald liess sie sich aber zum König proklamieren und trat - zumindest in bildlichen Darstellungen - als männlicher Herrscher auf. Während rund 20 Jahren (1479 - 1458 v.Chr.) regierte Hatschepsut über Ägypten, wobei sie die wichtigsten Ämter mit Vertrauenspersonen besetzte. Sie liess Tempel bauen und zerfallene Gebäude restaurieren. Ein besonderes Ereignis war die Expedition ins geheimnisvolle Weihrauchland Punt, die die Herrscherin detailgetreu an den Wänden ihres Totentempels von Deir el-Bahari darstellen liess. Die Regierungszeit von Hatschepsut gilt als weitgehend friedliche Epoche und Blütezeit des Landes.
Es ist nicht bekannt, woran Hatschepsut um 1458 v.Chr. verstarb. Ihr Nachfolger Thutmosis III., der jahrelang in ihrem Schatten stand, liess später offenbar ihr Andenken auslöschen. Die ältere, von Männern dominierte Forschung sah deshalb in Hatschepsut den Inbegriff der "bösen Schwiegermutter" verkörpert. Heute zeichnet die Ägyptologie ein differenzierteres Bild der Herrscherin. Sie war unbestritten eine kluge und hartnäckige Persönlichkeit, die die Interessen ihres Landes mit grossem Geschick wahrnahmn.
Die Rolle des Pharao war im alten Ägypten männlich geprägt; der Begriff "Pharaonin" existierte nicht. So liess sich Hatschepsut in offiziellen Darstellungen auch als Mann (ohne weiblichen Attribute, mit Schurz und Königsbart) darstellen. Es mutet erstaunlich modern an, dass mit Hatschepsut eine Frau in diese männliche Rolle schlüpfen und diese 20 Jahre lang wahrnehmen konnte, ohne dass sich in der Bevölkerung oder im Heer dagegen Widerstand formiert hätte. Dass dies im 15. Jh. v.Chr. (!) geschah (und heute noch in verschiedenen Regionen der Erde unmöglich erscheint), sagt Einiges über die altägyptische Kultur und Geisteswelt aus.
Peter Nadig. Hatschepsut. Von Zabern Verlag 2014. 208 S., CHF 44.90, E-Book 29.40.
Kulinarische Entdeckungsreise
"Jerusalem - Das Kochbuch"
Vor einigen Jahren lernten sich der Israeli Yotom Ottolenghi und der Palästinenser Sami Tamimi in London kennen, woe sie gemeinsam ein Restaurant und vier Coffeeshops betreiben. Beide sind in Jerusalem aufgewachsen und haben nun gemeinsam ein Kochbuch geschrieben, das sich Jerusalem und seiner Küche widmet.
Der leinengebundene Band bietet aber mehr als nur ein Kochbuch; er gibt auch Einblicke in den Alltag der Stadt Jerusalem, die als Schmelztiegel der Kulturen und Zentrum der drei grossen Weltreligionen gilt. Demensprechend finden sich auch zalhlreiche Einflüsse aus Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten in ihrer Küche.
Jedes vorgestellte Gericht gleicht denn auch einer Entdeckunsgreise; Hintergründe zu den Zutaten, Bilder von Land und Leuten sowie kleine Alltagsgeschichten liefern die Autoren mit und machen Lust auf das Nachkochen der 126 liebevoll prässentierten Gerichte.
Yotom Ottolenghi und Sami Tamimi. Jerusalem - Das Kochbuch. Verlag Dörling Kindersley 2013. 320 S., CHF 35.50.
Zwischen Hochkultur und bedrohtem Kulturerbe
"Mesopotamien - Wiege der Zivilisation und aktueller Krisenherd"
Mesopotamien bezeichnet den heutigen Irak und die angrenzenden Regionen Syriens, der Türkei und Irans. Das "Land zwischen den zwei Flüssen" ist eines der an Kulturschätzen reichsten Gebiete der Erde und gilt als Wiege der Zivilisation. Aktuell befindet sich dort einer der grössten Krisenherde unserer Zeit.
Wolfgang Korn zeigt in seinem spannend geschriebenen und optisch ansprechenden Band, dass Mesopotamien schon in der Antike Schauplatz von Kriegen und Katastrophen war. Die ständige Bedrohung durch Dürre und Hochwasser sowie feindliche Völker prägte die dortigen Kulturen nachhaltig. In diesem Spannungsfeld entstanden (die ältesten bekannten) Städte, Schrift, Bewässerung, Verwaltung und Militär. Korn gibt einen Überblick über die 6000-jährige Geschichte des Landes, die von den Assyrern und Babyloniern über die Kalifen bis in die heutige Zeit führt und ermöglicht es dem Leser, die aktuellen Vorgänge in Nahost besser zu verstehen.
Wolfgang Korn. Mesopotamien - Wiege der Zivilisation und aktueller Krisenherd. Theiss Verlag, Darmstadt 2013. 176 S., 39.95 Euro.
Webseite des Verlags (mit Inhaltsverzeichnis und Leseprobe)
Überblick über die altägyptische Kunstgeschichte
"Die ägyptische Kunst"
Die Ägyptologin Dorothea Arnold präsentiert in ihrer kompakten Publikation einen verständlichen und anschaulichen Überblick über die 3000-jährige Geschichte der ägyptischen Kunst. Dabei geht die Autorin nicht chronologisch vor, sondern stellt anhand ausgewählter Werke die zahlreichen Formen altägyptischen Kunstschaffens vor. Arnold thematisiert die Bedeutung von Architektur und von Statuen sowie Reliefs und Malerei, wobei sie auch auf die Herstellung und das Arbeitsverfahren eingeht. In zwei Abhandlungen geht sie der Frage nach, welche Rolle Kunst in der altägyptischen Gesellschaft spielte.
Dorothea Arnold. Die ägyptische Kunst. Verlag C.H. Beck, München 2012. 28 S., 8.95 Euro.
Historische Karawanenroute durch die Arabische Halbinsel
"Die Weihrauchstrasse"
Die Weihrauchstrasse war eine der wichtigsten antiken Handelsrouten der Welt. Über 3000 km wurden auf das wertvolle Baumharz und daneben auch Gewürze und Edelsteine quer über die Arabische Halbinsel transportiert - eine logistische Meisterleistung, die ohne Karawanen, Karawanenstädte und Raststätten entlang der Route nicht möglich gewesen wäre. Dort, wo die Handelsgüter umgeladen werden mussten, entstanden blühende und reiche Gemeinschaften. Das bekannteste Beispiel ist das Reich der Nabatäer mit der Hauptstadt Petra.
Der Archäologe Joachim Willeitner nimmt die Leser mit auf eine Reise zu den grossen, aber auch zu den weniger bekannten Stationen auf der langen Karawanenstrasse. Dabei zeichnet er den Verlauf des historischen Handelsweges nach und erklärt, welchen Einfluss die wirtschaftlichen, politischen und religiösen Umwälzungen auf die Weihrauchstrasse hatten.
Joachim Willeitner. Die Weihrauchstrasse. Von Zabern Verlag, Darmstadt 2013. 144 S., 24.99 Euro
Webseite des Verlags (mit Leseprobe und Inhaltsverzeichnis)
Superstar der Antike
"Alexander der Grosse, Herrscher der Welt"
Schon zu Lebzeiten war Alexander eine Legende, der Unerreichbares scheinbar ohne Mühe bewältigte und mit seinem Heer bis ans Ende der damals bekannten Welt zog. Den einen galt er als Übermensch, den anderen als grausamer Schlächter. Seit dem frühen Tod des charismatischen Helden 323 v.Chr. in Babylon interpretiert jede Epoche das Wesen des Makedonenkönigs unterschiedlich.
Als Begleitband zur grossen Alexander-Ausstellung im Lokschuppen Rosenheim bei München stellt die Publikation die Person Alexander anhand seiner Lebensstationen vor. Der sorgfältig gestaltete und reich bebilderte Band gibt in kompakten Beiträgen, die von renommierten Spezialisten verfasst wurden, die neuste Sicht auf den legendären Feldherrscher und seine Feldzüge wieder.
Rupert Gebhard u.a. (Hrsg). Alexander der Grosse, Herrscher der Welt. Von Zabern Verlag, Darmstadt 2013. 304 S., CHF 35.40.
Nofretete wird entdeckt
"Nofretete - Die Wahrheit über die schöne Königin"
Die Büste der Nofretete gehört zu den berühmtesten Skulpturen der Welt. Herkunft und Leben der Gemahlin Echnatons lagen aber lange Zeit im Dunkeln. Der Ägyptologe Hermann A. Schlögl schildert in seiner neusten Publikation, was wir heute über das Leben der geheimnisvollen Königin wissen. Er zeigt auf, dass sie als gleichrangige Mitregentin Echnatons bei der Durchsetzung seiner religiösen Revolution, die erstmals in der Geschichte der Menschheit in einen Monotheismus mündete, eine entscheidende Rolle gespielt hat.
Wie schon in seinen Monographien über Ramses den Grossen und Echnaton fasst Schlögl die wichtigsten Erkenntnisse gut lesbar zusammen. Das letzte Kapitel "Genealogie und Genetik" befasst sich mit den Mumien der Amarnazeit und ihren DNA-Analysen, auf deren Grundlage die familiäre Abstammung der Nofretete - einmal mehr, ist man versucht zu sagen - richtig gestellt werden soll. Auch wenn Schlögl die Untersuchungsergebnisse so präsentiert, als seien sie über jeden Zweifel erhaben, so sind sie wahrscheinlich noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Verschiedene Archäologen haben sich zu den aus den DNA-Analysen gezogenen Schlüssen kritisch geäussert.
Hermann A. Schlögl. Nofretete - Die Wahrheit über die schöne Königin. C.H. Beck Verlag, München 2012. 112 S., CHF 14.90.
Weitverzweigte Wege des Wissens
"Platon in Bagdad. Wie das Wissen der Antike zurück nach Europa kam"
In seinem stattlichen Werk "Platon in Bagdad" beschreibt der 86-jährige Autor John Freely, der in Istanbul Physik und Wissenschaftsgeschichte lehrte, die Leistungen der islamischen Wissenschaften. Dabei geht er den Wegen des Wissens nach, von den ersten Naturphilosophen Ioniens, des klassischen Athen und des hellenistischen Alexandria nach Rom und Konstantinopel bis ins arabische Bagdad, Kairo, Damaskus und ins maurische Spanien.
Das letzte Kapitel ist Harran gewidmet, einer antiken Stadt im Südosten der heutigen Türkei, die an einer alten Karawanenroute liegt. Hier trafen astronomische Überlieferungen Mesopotamiens auf die rationale sowie die okkulte Wissenschaft des hellenistischen Ägypten und wurden nach Bagdad weitergegeben. Freelys mit grossem Fachwissen ausgestattetes Werk macht denn auch eines klar: Wie verstrickt die Kulturen miteinander sind und wie viel Wissen das Abendland der islamischen Welt verdankt.
John Freely. Platon in Bagdad. Wie das Wissen der Antike zurück nach Europa kam. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2012. 388 S., CHF 37.90. Als E-Book: CHF 22.90.
Alltagsleben einer versunkenen Hochkultur
"Hattuscha. Auf der Suche nach dem sagenhaften Grossreich der Hethiter"
In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts entdeckte ein Franzose im anatolischen Hochland monumentale Ruinen einer uralten Stadt. Noch ahnte niemand, dass es sich um die einstige Hauptstadt der Hethiter, Hattuscha, handelte.
Seit über 100 Jahren wird Hattuscha nun erforscht. Im vorliegenden Buch erzählt der Altorientalist und derzeitige Grabungsleiter in Hattuscha Andreas Schachner die spannende Geschichte von Aufstieg und Untergang des Hethiterreiches. Ausgehend von den archäo-logischen Befunden diskutiert der Autor staatliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Verhältnisse und gibt einen Einblick in eine lange vergessene Hochkultur.
Andreas Schachner. Hattuscha. Auf der Suche nach dem sagenhaften Grossreich der Hethiter. C.H. Beck Verlag, München 2011. 364 S., 158 Abb., Euro 34.-.
Unbekannte Kultur zwischen Tradition und Moderne
"Mzayna. Beduinen im Sinai"
Seit Jahrhunderten leben Beduinen auf der Halbinsel des Sinai. Ihr Alltag wird von Vieh-zucht, Religion und Familie bestimmt. Doch diese traditionellen Strukturen lösen sich allmählich auf. Moderne Medien und westliche Werte halten Einzug.
Die Ethnologin Katrin Biallas und die Fotografen Anina Gmür und Daniel Auf der Mauer begleiten drei Beduinen, die über die Veränderungen in ihrer Welt sprechen.
Anina Gmür (Hrsg.). Mzayna. Beduinen im Sinai - von alten und neuen Tagen. Benteli Verlag, Sulgen 2012. 144 S., 94 farbige Abb., CHF 48.-.
Blick hinter die Nachrichtenschlagzeilen
"Palästina. Reisen zu den Menschen"
Reiseführer ins "Heilige Land" befassen sich üblicherweise mit Israel. Umso begrüssenswerter ist es, dass der renommierte Know-How Verlag Palästina ein eigenes Reisehandbuch widmet.
Die Autoren, beides ausgewiesene Nahost-experten, stellen das Buch unter das Motto "Kommt und seht". Es ist eine Einladung, die Menschen in Palästina zu besuchen, ihre Isolation durchbrechen zu helfen und ihre Sicht auf die Lage aus erster Hand zu erfahren. Besuchern wird so ermöglicht, sich ein Bild des Gastlandes jenseits der deprimierenden Nachrichtenberichte zu machen.
Burghard Bock/Wil Tondok. Palästina. Reisen zu den Menschen. Reise Know How Verlag, München 2011. 244 S., CHF 14.90.
Das bewegte Leben eines koptischen Mönches im 5. Jahrhundert
"Azazel"
Der preisgekrönte Roman des Philosophen Youssef Ziedan schaffte es sofort nach seinem Erscheinen auf die Bestsellerlisten Ägyptens; gleichzeitig forderten Vertreter der koptischen Kirche ein Verbot des Buches und muslimische Scheichs ereiferten sich über das Werk. Ziedan lässt seine Geschichte in der frühchristlichen Zeit in Ägypten, Palästina und Syrien spielen, als die Kirche von theologischen Machtkämpfen erschüttert wurde. Hauptperson ist der Mönch Hypa, der auf 30 Pergamentrollen seine Erinnerungen niederschreibt.
Hypa im südlichen Ägypten noch im Glauben an die altägyptische Göttervielfalt aufgewachsen, studiert als junger christlicher Mönch Medizin und bricht nah Norden auf. In Alexandria lässt er sich von der schönen Octavia verführen und hört fasziniert den Vorträgen der heidnischen Philosophin Hypatia zu, die wenig später von einem christlichen Mob ermordet wird. Der Schock über diese Gewalttat im Namen der Religion treibt Hypa nach Jerusalem in ein abgelegenes Kloster bei Aleppo, wo er sich ganz seinem Glauben widmen möchte.
Die Themen, die Ziedan in seinem Roman aufgreift, sind von brennender Aktualität und stiessen wohl gerade deshalb bei einer jungen Leserschaft auf grosses Interesse. Das Werk ist ein Plädoyer gegen jede Gewalt, die im Namen von Religion verübt wird und tritt nachdrücklich für Toleranz und Menschlichkeit ein.
Youssef Ziedan. Azazel. Luchterhand Verlag 2011. 448 Seiten, CHF 32.90.
Überraschende Einsichten zur Entstehung des israelitisch-jüdischen Monotheismus
"Jerusalem und der eine Gott"
Wenig berühmte Städte waren im Lauf der Geschichte so umstritten wie Jerusalem. Ihre weltgeschichtliche Bedeutung verdankt die Stadt Umstand, dass sie als Geburtsstätte der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam gilt.
Othmar Keel, emeritierter Professor des alten Testamentes an der Universität Fribourg, geht in seinem neusten Werk auf die Entstehung des isrealitisch-jüdischen Monotheismus ein. Er zeigt auf, dass zahlreiche Erfahrungen, Symbole und Erkenntnisse der polytheistischen Religionen Ägyptens und Vorderasiens in die monotheistischen Religionen aufgenommen und integriert wurden. Keel belegt dies eindrücklich anhand von biblischen und ausserbiblischen Texten sowie neuen archäologischen und ikonographischen Funden.
Othmar Keel. Jerusalem und der eine Gott - Eine Religionsgeschichte. Vandenhoek und Ruprecht 2011. 128 Seiten, 188 Abbildungen, CHF 27.-.
Zankapfel Nofretete
"Nofretete. Eine deutsch-französische Affäre"
Die wunderschöne Büste der Nofretete ist nicht nur eine der Hauptattraktionen des Neuen Museums Berlin, sondern auch ein Objekt der Begierde, um das sich schon zahlreiche Streitigkeiten gedreht haben. Die Historikerin Bénédicte Savoy rollt in ihrem Buch die Entdeckung der Büste 1912 in Tell el-Amarna und ihren Transfer nach Deutschland aufgrund ertsmals gesichteter Akten neu auf.
Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges veränderte die Beziehungen zwischen den bis anhin friedlich zusammen und nebeneinander arbeitenden Archäologen. Franzosen und Deutsche standen sich nach Ende des Krieges in Ägypten als erbitterte Feinde gegenüber. Zum wichtigsten Zankapfel wurde die Büste der Nofretete. Auch die noch heute in Bezug auf die Büste bestehenden Unstimmigkeiten zwischen Berlin und Kairo lassen sich - gemäss Savoy - auf die alten deutsch-französischen Feindseligkeiten zurückführen.
Bénédicte Savoy. Nofretete. Eine deutsch-französische Affäre. Böhlau 2011. 225 Seiten, CHF 28.50.
Fesselndes Porträt der Oase Siwa am Ende des 19. Jahrhunderts
"Die Oase"
Das 19. Jahrhundert neigt sich dem Ende zu, als der politisch in Ungande gefallene Machmud von Kairo in die abgelegene Oase Siwa nahe der libyschen Grenze versetzt wird. Siwa ist eine eigene Welt mit ureigenen Gesetzen und alter Geschichte.
Machmud sieht sich bald mit dem hartnäckigen Widerstand der berberischen Einwohner gegen alle Eindringlinge konfrontiert. Insbesondere seine irische Frau Catherine bringt mit ihrer offenen und unverhohlenen Art die Gemeinschaft gegen sich auf und Machmud gerät zwischen die Fronten.
Das Buch des Ägypters Baha Taher, für welches er im Jahr 2008 den erstmals verliehenen International Prize for Arabic Fiction erhielt, ist eine dichte und eindrückliche Schilderung Ägyptens am Ende des 19. Jahrhunderts: Auf der einen Seite stand das Land damals unter der kolonialen Einflussnahme der Engländer, gegen welche die Einheimischen immer wieder aufbegehrten; andererseits herrschten aber auch innerhalb der eigenen Gesellschaft eklatante Missstände, etwa in Form von Korruption in der Verwaltung.
Besonders reizvoll ist der Einblick in das Leben der am Ende des 19. Jahrhunderts noch völlig von der Aussenwelt abgeschiedenen Oase Siwa - vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass heute der Tourismus in Siwa auf Kosten der jahrhundertealten Traditionen und der ursprünglichen Lebensweise seiner Bewohner ausgebaut wird.
Baha Taher. Die Oase. Unionsverlag, Zürich 2011. 312 Seiten, CHF 30.90.
Ausgewählte Werke aus der Amarna-Zeit im Neuen Museum Berlin
"Unter Atons Strahlen"
Scharfzüngige und gewitzte Episoden zum heutigen Ägypten
"Im Taxi"
Überraschende Details zur Pharaonenkultur
"Die 101 wichtigsten Fragen: Das Alte Ägypten"
Monografie zur Geschichte und Kultur im Grossraum des Toten Meeres
"Das Tote Meer. Kultur und Geschichte am tiefsten Punkt der Erde"
Archäologen im Dienst der Kolonialmächte
"Das grosse Spiel. Archäologie und Politik"
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Die beiden Felsentempel Ramses des Grossen erstmals umfassend präsentiert
"Abu Simbel"
Schillernde Persönlichkeit des Orients
"Lawrence von Arabien"
Der Band "Lawrence von Arabien" erscheint als Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung und offenbart - über den Geheimagenten hinaus - die zahlreichen Gesichter der schillernden Persönlichkeit: den Archäologen, Fotografen, Schriftsteller und Beduinen-kenner sowie Autor des Weltklassikers "Die sieben Säulen der Weisheit".
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Begegnungen mit der Religion Muhammeds
"Gesichter des Islam"
Grundzüge der Palästinaforschung
"Das Heilige Land"
Prachtvolle Bilderwelten
"Die verbotenen Gräber in Theben"
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Porträt der grössten Sandwüste der Erde
"Meer aus Sand. Eine spektakuläre Reise ins Herz der Rub al-Khali"
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Daten und Fakten zur Archäologie in übersichtlichen, aktuellen und anregenden Beiträgen
"GEO-Themenlexikon: Archäologie. Hochkulturen, Grabungsstätten, Funde"
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Der Orient in Wort und Bild
"Die Weisheit des Orients - Tag für Tag"
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Assyrische Reliefs
"Könige am Tigris"
Vielschichtiger und komplexer Blick auf den Nahen Osten
"Die Länder des Islam"
Unbekannte Schätze Ägyptens in der Schweiz
"Unter dem Schutz der Himmelsgöttin"
Buchbesprechungen:
BZ vom 29.08.07
NZZ am Sonntag vom 21.10.07
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Zur Erforschung der Westwüste Ägyptens
"Zarzura - die Oase der kleinen Vögel: Die Geschichte einer Expedition in die Libysche Wüste"
"Fotografien aus der Libyschen Wüste: Eine Expedition des Afrikaforschers Gerhard Rohlfs in den Jahren 1873/74 fotografiert von Philipp Remelé"
Im Winter 1873 bricht der Bremer Afrika-Reisende Gerhard Rohlfs zu einer dreimonatigen Expedition in die Libysche Wüste auf, die dazu beitragen soll, die Verbindung der ägyptischen Oasen mit der tripolitanischen Oase Kufra zu erkunden und genaue Karten des durchreisten Gebietes zu erstellen. An dieser Expedition nimmt auch Philipp Remelé teil, studierter Chemiker und Fotograf. Unter schwierigen Bedingungen dokumentiert er in dieser Frühphase der Fotografie die Wüstenreise und fertigt zahlreiche Landschaftsauf-nahmen sowie ethnographische Porträts an. Mit diesem Buch wird erstmals einer breiten Öffentlichkeit eine mit Originalzitaten kommentierte Fotoauswahl aus dem Nachlass von Gerhard Rohlfs vorgestellt. Das Werk besticht durch wundervoll stimmige Schwarz-Weiss-Aufnahmen der ägyptischen Oasen und Wüstengebiete und enthält eine Einleitung zu Rohlfs und seiner Expedition sowie den 1874 verfassten Beitrag von Remelé zur Expedition.